Teil 4

Erwähnte Themen:

A
  • Im Alter hallt alles lange nach. Länger als einem lieb ist.
  • Wer alles sagt, sagt gar nichts, weil alle abschalten.
  • Es gibt Menschen, die verschlucken jede Anerkennung, jedes Lob, meinen aber, sie hätten es ausgesprochen. Hier wird offenbar der Verstand vom Charakter ausgebremst.
  • Wer auf dem Sessel eines hohen Amtes Platz nimmt, hat zuvor so manches an der Garderobe abgegeben ... (Politiker-Weisheit).
B
  • Der rauschende Ball endete mit einem reichhaltigen Frühstück am Morgen darauf, berichtete die Zeitung. Danach werden sie wahrscheinlich alle tatkräftig zur Arbeit geschritten sein ...
  • Wer andere belehrt, wird selten geehrt.
  • Begeisterungsfähigkeit setzt geistige Beweglichkeit voraus. Besonders im höheren Lebensalter immer schwerer zu erwarten, aber eines der wirkungsvollsten Selbstbehandlungs-Strategien gegen die gefürchtete Demenz.
  • Wer sieht was im Wald? Der Autofahrer praktisch nichts (außer der nächsten Kurve). Motorradfahrer noch weniger. Der Fahrradfahrer mehr, allerdings eingeschränkt durch den Verkehr auf Asphalt und bei Schotterwegen allemal. Der Wanderer deutlich ergiebiger - und vor allem ruhiger. Besonders wenn er einmal inne hält (vor allem bei Aussichtspunkten, aber die weisen ja vom Waldrand in die Ferne). Der gemütliche Spaziergänger am meisten, besonders wenn er es interessiert und gemächlich zugleich angehen lässt. Den größten Gewinn aber hat jener, der mal rechts raus tritt, weil er seine Blase entleeren muss. Was man dort während der wenigen Sekunden alles entdecken kann, ist kaum beschreibbar. Der biologische und zugleich psychologische Doppel-Gewinn ist erheblich. Leider hängt er von dem erwähnten Blasendruck ab, ist also zahlen- und zeitmäßig recht begrenzt.
  • Wer vor einem Bücherregal steht, sieht nichts, aber spürt die Welt. Wer ins Fernsehen schaut, sieht viel, aber spürt am Ende gar nichts.
  • Bruderkriege gehören bekanntermaßen zu den grausamsten. Wenn also „alle Menschen Brüder“ sein sollen, ist das empfehlenswert?
  • Bekenntnis im Kreis einer Akademiker-Elite: „Ich habe noch kein Buch geschrieben“. Alles horcht auf ...
  • Manchmal sieht man Bäume, die hat der Sturm gefällt. Aber einige Wurzeln krallen sich noch im Erdreich fest und versorgen den liegenden Stamm wie früher. Und dann sprießen daraus neue Zweige und grüne Blätter - und geben uns ein lebendes Beispiel, wie man es machen sollte: gestürzt, am Boden, aber nicht am Ende.
C
  • Die Miene zeigt den Charakter an“, meinte Cicero, politik-erfahrener Schriftsteller in heißer römischer Epoche des Führungswechsels. Da ist durchaus was dran. Aber ein wenig Lebenserfahrung, um hinter so manches perfekt trainierte Fassaden-Gesicht zu schauen, kann nicht schaden. Hätte übrigens auch Cicero nicht geschadet, wenn man sein grausames Ende bedenkt.
  • Mancher Charakter sitzt auf hohem Ross, selbstbewusst, aber sturzgefährdet.
D
  • Dummheit steckt an, sie ist hoch infektiös.
  • Krank werden ist bitter. Doch wieder gesund werden, fördert wenigstens die Dankbarkeit - bzw. sollte.
  • Es gibt auch eine strategische Dankbarkeit, die den Ruf der ehrlichen Dankbarkeit zu ruinieren vermag.
  • „Wenn einer Geld hat, darf er so dumm sein, wie er will“, soll Ovid vor rund zwei Jahrtausenden gesagt haben. Vielleicht muss er sogar so dumm sein, damit er ...
  • Es ist wie immer im Leben: Die besten Gedanken hat man nach der Diskussion. Kann im höheren Lebensalter zur leidvollen Regel werden.
E
  • Das Alter spült wieder viele Erinnerungen ins Gedächtnis, schöne, heitere, rührende, aber leider auch belastende, peinliche, quälende. Und vor allem Letztere bleiben so unheilvoll lange haften. Dagegen muss jeder seine eigene Abwehr-Strategie entwickeln, am besten ausgeprägte seelische, geistige und körperliche Tätigkeit. Hilfreich seien auch Spiritualität, Dankbarkeit und Demut. Man kann es sich aussuchen. Probieren aber sollte man es auf jeden Fall.
  • Eitelkeit ist zu tadeln, hat aber schon manches zuwege gebracht, was wir heute bewundern.
  • 82 Millionen Experten in Sachen Fußball, hört man die Trainer seufzen. Und in allen anderen Gebieten das gleiche. Wer das in lateinisch ausdrücken will, der spottet: „Tot capita, tot sensus“ = So viele Köpfe, so viele Meinungen ...
  • Es gibt auch eine professionelle Bescheidenheit, die man als raffinierte Eitelkeit interpretieren darf.
F
  • Ob die Facebook-Geschwätzigkeit einmal umschlägt? Vielleicht in eine große digitale Stille?
  • Faulheit ist lebens-verlängernd. Falsch: Faulheit lässt voraltern (meinen manche alte Hausärzte mit Langzeit-Erfahrung).
  • Frust-Kauf, Frust-Essen - man kennt diese modernen Begriffe. Und seine Hintergründe, nämlich Frustrationen. Sprich Enttäuschung, Langeweile, Belastung, Überforderung, unerfreuliche Ereignisse usw. Also kompensieren Kauf oder Essen, letztlich unnötig oder gar riskant. Man sollte es sein lassen, aber wie? Eine Möglichkeit ist es, sich die ursprüngliche Bedeutung des Wortes vor Augen zu halten: Frustration kommt vom lateinischen frustra, das heißt vergebens. Es sind also frustrierte Reaktionen auf etwas Unerfreuliches, das aber damit nicht ausgeglichen, behoben oder gar ungeschehen gemacht werden kann. Man muss andere Lösungen suchen. Frust lässt sich nicht durch Frust-Reaktionen ertragbarer machen.
  • „Herr, hilf mir fasten!“ (moderne Fürbitte).
  • Fähigkeiten abzüglich Eitelkeiten ist der verbliebene Kern der Persönlichkeit.
  • „Der beste Weg zur Gesundheit ist der Fußweg“, heißt es im Volksmund. Und die Experten legen nach: Nur keine großen Vorsätze, es reichen kleine Umsetzungen. Beispielsweise 30 Minuten pro Tag, hundert Schritte pro Minute. Aber wer macht das schon ...
  • Man sollte sich schon früh an das Fernsehen gewöhnen. Später gibt es ja auch nichts anderes mehr.
  • Wer nichts zu sagen hat, muss auf überzeugende Formulierungen achten. Überzeugende Formulierungen!
G
  • Glücklichsein wollen alle, aber die Folgen tragen niemand. Folgen? Sicher, nur denkt man darüber nicht tiefer nach.
  • Da wächst Gras drüber“, sagt man. Nicht auszudenken, was unter den harmlosesten Wiesen alles verborgen sein könnte.
  • Mit vollem Mund spricht keiner, aber mit leerem Gehirn, da hat niemand Bedenken.
  • Große Geister in kleinen Körpern sind bis weilen giftiger als kleine Geister in großen Körpern ...
  • Wer körperlich müde ist, soll ruhen. Wer geistig müde ist, soll gehen, gehen, gehen. Beides hilft, letzteres sogar überraschend effektiv.
  • In der Tierwelt sind sicher mehr Überlebens-Nöte verbreitet als beim Menschen, aber eines haben sie nicht: Geld-Sorgen.
  • Geiz füllt den Beutel und leert die Seele“, sagte man früher. Das gilt auch heute noch: volles Konto, aber gemütsarm.
H
  • Handy versklavt.
  • Wenn man etwas sehr ernstes sagen muss, kann eine Prise Humor nicht schaden.
  • Hast ist Last.
  • Haltungsschäden konzentrieren sich auf den Rücken. Von eben solchen im Kopf hört man selten.
  • Humor ist die selbst gekelterte seelische Widerstandskraft“. Sehr schöne Definition von Sigmund Graff, die nicht nur Wein-Freunden munden dürfte.
  • „Lieber Hammer als Amboss sein“, hieß es früher. Andererseits hört man eher von einem zersprungenen Hammer als von einem zerborstenen Amboss.
  • „Als die Höllen-Strafe noch Einfluss hatte, war die Rücksichtnahme im Straßenverkehr noch spürbar“ (genervter Verkehrsteilnehmer).
I / J
  • „Wer sich über volle Straßen ärgert, sollte einfach den Umweg über die innere Leere nehmen“ (ein Psychotherapeut).
  • Lieber höchst informiert als tief gebildet. Stimmt zwar nicht uneingeschränkt, hat aber schon etwas für sich.
  • Es gibt tüchtige Leute, ohne Zweifel. Allerdings jammern sie dauernd herum und beklagen ihre hohe Belastung. Damit halbieren sie gleichsam ihren Ruf. Sie sind unersetzlich, aber „psychosozial (zu) teuer“. Schade.
K
  • Das zwischenmenschliche Problem, das die modernen Kommunikations-Möglichkeiten (z.B. Facebook-Kontakte ) aufwerfen, hat schon der römische Schriftsteller Plinius vor rund zweitausend Jahren erkannt: „Mimik, Gestik und Tonfall entschärfen das gesprochene Wort; das geschriebene, das keinen solchen Ausgleich kennt, ist der Böswilligkeit derer ausgeliefert, die es deuten“. Wahrscheinlich kannte er die Schriften des griechischen Philosophen Platon, der - Jahrhunderte vor ihm - mahnte: „Dazu ist uns die Sprache gegeben, das uns die Zeichen gegenseitigen Einverständnisses schnell erkennbar werden“. Eben das erwähnte Problem: Die modernen Kommunikations-Techniken und ihre fehlende Möglichkeit, persönlich sprachlich zu modifizieren. Mit allen Konsequenzen.
  • Kluge Bemerkungen“ muss man geschickt platzieren, nämlich wie, wann, wo und bei wem. Sonst können sie sich rasch als unklug erweisen.
  • „Es gibt Körpergewichte, da möchte man Orthopäde sein, der nicht zuletzt davon lebt (ein Augenarzt).
L
  • Wer seinen Gegner auch mal lobt, lässt aufhorchen. Entweder nackte Strategie oder vielleicht tatsächlich faire Wesensart.
  • Lärm ist Müll im Ohr.
  • Wer langweilig ist, sollte das mit Würde tun. Dann hält man ihn vielleicht für tiefsinnig.
  • Wer sich mit sich selber langweilt - kein gutes Zeugnis.
  • Wer oft launisch ist, sollte sich das leisten können.
  • Wer zuletzt lacht, muss auch sicher sein, dass er der Letzte ist.
  • Laufbahn: Zwischen beneiden und bemitleiden liegt manchmal nur ein schmaler Grat.
  • Eine Lüge ist bereits im Ziel, bevor sich die Wahrheit auch nur warmgelaufen hat. Treffende Erkenntnis von mehreren Autoren, je nach Variation.
  • Nur große Lehrmeister alleine bringen es auch nicht: Kaiser Nero was Seneca's Zögling ...
  • Gute Laune ist ein mentales Kapital.
  • Lächle, und es lächelt auch in Dir.
M
  • Mitleid hat keinen besonderen Ruf im gesellschaftlichen Gefüge, bis man es selber entbehren muss.
  • „Sie haben keine Minderwertigkeitskomplexe, sie sind minderwertig“. Alter Therapeuten-Witz, vor allem genervten Psychiatern zugeschrieben.
  • Maniker sind verrückt, aber langweilig sind sie nicht.
  • Maßlose Mäßigkeit macht misstrauisch.
  • Der Mensch ist ein Kunstwerk der Natur. Und der Hochaltrige ein Kunstwerk der Medizin.
  • Gute Manieren verlangen Opfer, ständig. Opfer, die nicht honoriert werden, scheinbar.
  • Es gibt untrügliche Zeichen des definitiven Machtverlustes. Dazu gehören beispielsweise Straßennamen und Denkmäler für ehemalige Politiker, die umbenannt oder entsorgt werden.
  • Monotonie spart Reserven.
N
  • Gelegentlich ein Narr sein, kann ganz erholsam sein. Das Umfeld muss es halt mitmachen.
O
  • Ohren haben die Aufgabe zu hören, aber die Zunge unterbricht sie immer wieder.
P
  • Wer alles hat, muss auch reichlich Platz haben.
  • In seinen Pflichten aufgehen ist edel, in seinen Pflichten untergehen die Regel.
  • Pessimisten fühlen sich jeden Tag bestätigt. Unerfreulich.
R
  • Nur wer wirklich zur Ruhe kommt, kommt auch wirklich auf neue Ideen.
  • Wenn ein Ratschlag zu sehr (ein-)schlägt, verliert er seine beratende Aufgabe, Funktion und vor allem Wirkung.
  • „Sie brauchen nichts zu wissen, sie sind ein reicher Mann. Aber ich bin ein armer Teufel, mir muss was einfallen“. So liest man bei Johann Nestroy, dem unübertroffenen Komödianten und Philosophen zugleich. Ein anrührender Satz, der schon in der Antike sinngemäß bestätigt wurde: Reichtum kann sich Dummheit leisten, Armut nicht.
S
  • Einfache oder verständliche Sprache in Wort und Schrift. Eine neue Kommunikations-Forderung, um vor allem den damit weniger günstig Ausgestatteten entgegen zu kommen. Durchaus löblich. Sollte allerdings eine generelle Aufforderung sein, die jedoch schon an der Eitelkeit des (gebildeten) Menschen scheitert.
  • Er befürchtete: es kommt eine Shitstorm. Aber es kam schlimmer, nämlich nichts ...
  • Wer morgens in den Spiegel schaut, sollte Toleranz üben.
  • Wer ermüdet ist, sucht Streit“, warnte schon Seneca vor rund zweitausend Jahren in seiner De ira (bezeichnend: über den Zorn). Treffender Hinweis, den man gut sichtbar in so manchem Konferenzzimmer aufhängen sollte.
  • Gelegentlich sollte man die eine oder andere moralische Schmutzecke in der eigenen Seele ausräumen (ein Theologe mit Neigung zu bildhafter Darstellung).
  • Zwischen Sturheit und Konsequenz liegt ein breiter Graben, allerdings manchmal perfekt getarnt.
T
  • Es ist nicht alles Temperament, was nur nervös ist.
  • „Er schaute mit vergnügten Sinnen auf das beherrschte Samos hin“. Beginn einer Ballade von Schiller. Ob man das bei den heutigen Touristenströmen auch so erfreut tun könnte?
  • Das Fernsehen hat auch etwas Gutes. Da die Drehbücher zunehmend von Tragödien erfüllt sind, ist man mit seinem eigenen Leid(en) nicht mehr so allein.
U
  • Wer sich unbeliebt macht, hat zwar wenig Freunde, wird aber wenigstens ernst genommen.
  • Auch Unwissenheit will erworben und ständig gepflegt sein (leise ironische Randbemerkung anlässlich eines Empfangs).
  • Unkraut ist Grün am falschen Platz“, hieß es früher. Nicht nur zutreffend, sondern auch freundlich und damit versöhnlich. Nebenbei nicht nur geographisch-botanisch, sondern auch psychosozial interpretierbar.
  • „Ich bin vielseitig ungebildet“, bekannte in gewohnt kecker Manier Robert Musil. Und hatte damit das ungeteilte Interesse auf seiner Seite. Man muss nur wissen wie.
V
  • Feigheit oder Vorsicht? Manchmal nur im Rückblick beurteilbar.
  • Die Vorfreude auf ein Vergnügen kann das eigentliche Vergnügen schon mal deutlich übertreffen.
W
  • Am besten rettet man einige untergegangene Wörter, indem man sie als neue einführt. Keiner kennt sie mehr und originell klingen sie auch. Dem gängigen Sprachschatz wäre es dienlich.
  • Wer in sich geht, wählt einen kurzen, aber steinigen Weg.
  • „Vorne ist ein Abgrund, hinten lauern die Wölfe“, klagte schon Erasmus von Rotterdam. Könnte über mancher Chef- oder Vorstands-Tür stehen.
  • „Es gibt Situationen, die muss man einfach weg-trinken. Eine interessante Selbst-Therapie - und nicht selten.
  • Würmer sind kein Thema, dem sich der Mensch gerne widmet. Es sollte aber zu denken geben, dass der Mensch durchaus ein Thema des Wurmes ist, der sich nach der Grablegung abschließend seiner annimmt (ein Zyniker, aber nicht ohne tiefere Logik ...).
  • Man muss wissen, wohin man geht. Noch wichtiger ist es zu wissen, wohin man zu weit zu gehen droht.
  • „Mangel an Optimismus ist Mangel an Wunschkraft“, so der römische Philosoph auf dem Kaiserthron Marc Aurel vor zwanzig Jahrhunderten. Interessant dabei vor allem das Wort „Wunschkraft“ als durchaus treffende Übersetzung für eine schwer definierbare, aber hilfreiche Einstellung und damit Fähigkeit.
X / Y / Z
  • Wer was wissen will, muss zuhören. Wer redet, erfährt nichts.
  • Wer was weiß, sollte es weitergeben. Wer nichts weiß, sollte es zugeben.
  • Wer sich über seine nachlassenden Sinnesfunktionen oder Kauwerkzeuge beklagt, der erinnere sich an Zeiten, die noch gar nicht so lange zurück liegen: Brillen, dick wie Lupen, Schalltrichter als Hörgeräte, Gebisse aus Knochen oder Horn geschnitzt. Die Betroffenen waren sogar noch froh, dass sie so etwas zur Verfügung hatten, denn die meisten hatten gar nichts. Dagegen die Korrektur-Möglichkeiten von heute: Meisterwerke der Technik. Übrigens auch nicht jedem auf dieser Erde verfügbar. Ein wenig nachdenken macht zufriedener und vielleicht sogar dankbar.